Der Urknall

Der Urknall - Die Entstehung des Universums
Inhalt mit freundlicher Genehmigung von www.Dr. Freund.net
Geschichtliches und Philosophisches

Warum ist es nachts dunkel? Eine dumme Frage, oder etwa nicht? Wenn man davon ausgeht, dass das Weltall unendlich alt, unendlich gross und mit unendlich vielen Sternen gefüllt ist, dann müsste unser Blick in jeder Richtung irgendwann auf einen Stern treffen. Der gesamte Himmel wäre an jedem Punkt von Sternen übersät und würde sehr viel heller und heisser erstrahlen, als uns gut täte. Da wir jedoch nachts ohne Sonnenbrille in den Himmel schauen können, ist offenbar mindestens eine der drei Grundannahmen falsch. Dieser Gedankengang wird als Olberssches Paradoxon bezeichnet und lieferte bereits im 19. Jahrhundert einen Hinweis auf Widersprüche in den ersten wissenschaftlichen Weltmodellen. Waren die in vielen Religionen verbreiteten Vorstellungen von einem relativ übersichtlichen Universum mit einem definierten Schöpfungszeitpunkt vielleicht doch richtig? Zu Beginn des 20. Jahrhunderts glaubte man, das Paradoxon gelöst zu haben und ging davon aus, dass das gesamte Weltall lediglich aus unserer eigenen Milchstrasse bestünde. Die Milchstrasse wäre allerdings schon immer da gewesen und hätte sich auch nie wesentlich verändert. Dann fanden jedoch mehrere Entdeckungen statt, die unser Bild vom Kosmos grundlegend revolutionierten:

Die allgemeine Relativitätstheorie

Nachdem Einstein im Jahr 1916 seine allgemeine Relativitätstheorie veröffentlicht hatte, brachte er 1917 mit der Kosmologischen Konstanten noch eine Korrektur in seinen Formeln an, die einen scheinbaren Fehler beheben sollte. Die Gleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie beschreiben eindeutig ein dynamisches Universum, das sich entweder ausdehnt oder zusammenzieht. Ein solches Verhalten des Weltalls stand jedoch zu diesem Zeitpunkt im Widerspruch zu den Beobachtungen, was Einstein zu seinem voreiligen Schritt veranlasste, den er später selbst als den grössten Fehler seines Lebens bezeichnete. Tatsächlich war Einstein's ursprüngliche Beschreibung der Schwerkraft völlig korrekt, denn ein Universum, in dem sich alle Massen gegenseitig anziehen, muss sich in ständiger Bewegung befinden, um dieser Anziehung zu entfliehen oder ihr nachzugeben.

Die Expansion des Universums

 Im Jahr 1923 konnte der amerikanische Astronom Edwin Powell Hubble erstmals den Andromeda-Nebel (Bild links) in seine Einzelsterne auflösen und ein Jahr später auch seine Entfernung bestimmen. Damit war neben der Milchstrasse eine weitere, eigenständige Galaxie gefunden worden und sie sollte nicht die einzige bleiben. 1929 gelang Hubble eine noch erstaunlichere Entdeckung, als er die Spektren der mittlerweile zahlreichen Galaxien verglich. Dabei zeigte sich, dass viele Galaxien eine Rotverschiebung ihrer Spektrallinien aufweisen und sich von uns weg bewegen. Die Fluchtgeschwindigkeit ist umso höher, je weiter die Galaxien entfernt sind (siehe auch: Hubble-Konstante
Die kosmische Hintergrundstrahlung
 In den 1960er Jahren hatten die britischen Physiker Roger Penrose und Stephen Hawking den Weg der Galaxien konsequent zu einem einzelnen Ursprungspunkt zurück verfolgt und dafür den Begriff der Singularität salonfähig gemacht. Kritiker wendeten jedoch ein, dass von einer so extrem dichten und heissen Anfangsphase noch heute Spuren nachweisbar sein müssten. Tatsächlich hatte der Physiker George Gamow bereits in den 1940er Jahren berechnet, welche Strahlung zu erwarten wäre.
Zur gleichen Zeit ärgerten sich die amerikanischen Radioastronomen Arno Penzias und Robert Wilson über ein penetrantes Störgeräusch in ihrer Empfangsanlage, das ihr eigentliches Beobachtungsziel, die Milchstrasse, überlagerte. Auch eine genaue Überprüfung aller Instrumente und eine gewissenhafte Reinigung der Antenne von Vogeldreck brachten keine Verbesserung. Ohne es zunächst zu wissen, hatten Penzias und Wilson die allgegenwärtige Hintergrundstrahlung, das "Echo" des Urknalls, aufgefangen.
Wir alle haben übrigens schon einmal die kosmische Hintergrundstrahlung gesehen: wenn man den Fernseher auf einen nicht belegten Kanal einstellt, dann macht sie ca. 1% des weissen Rauschens aus.
Robert Wilson (links) und Arno Penzias (rechts) vor der Horn-Antenne in Holmdel (New Jersey), mit der sie 1965 die kosmische Hintergrundstrahlung entdeckten.

Der Urknall
Offenbar verhält sich unser Universum wie ein Luftballon, den man langsam aufbläst, und dieser Ballon muss irgendwann am Anfang einmal leer gewesen sein. Es ist übrigens bei vielen kosmologischen Phänomenen hilfreich, wenn man zum besseren Verständnis einfach eine Dimension weglässt und sich eine Analogie aus unserer 3-dimensionalen Alltagswelt sucht. Tatsächlich existiert unser Universum nicht seit aller Ewigkeit, es besitzt ein ständig grösser werdendes, aber endliches Volumen und auch die in ihm enthaltene Materie ist nicht unerschöpflich. Die allgemeine Relativitätstheorie und das beobachtete Auseinanderdriften der Galaxien legten den Grundstein für die Urknall-Theorie zur Entstehung des Universums. Verfolgt man die Bewegung der Galaxien zurück, dann gelangt man zu einem einzelnen Ursprungspunkt, an dem alles begann. Mit dem Urknall entstanden Materie, Raum und Zeit in einer gewaltigen Explosion aus einer punktuellen Energiekonzentration (Singularität). Seitdem dehnt sich der Raum in genau der Weise aus, die von den Einsteinschen Gravitations-Gleichungen vorrausgesagt wird. Das Nachglühen des Urknalls kann noch heute in Form der kosmischen Hintergrundstrahlung nachgewiesen werden, deren Energie in Folge der Ausdünnung nur noch wenig über dem absoluten Nullpunkt liegt. Oft werde ich gefragt "Wo war denn eigentlich der Urknall?". Die Antwort ist einfach: überall! Der Urknall fand nicht irgendwo im Raum statt, sondern der Raum selbst entstand erst mit dem Urknall und wurde/wird von dessen Energie komplett ausgefüllt.

Fairerweise muss an dieser Stelle auch die Steady-State-Theorie genannt werden, die von dem britischen Kosmologen Fred Hoyle als statisches Alternativ-Modell zum Urknall aufgestellt wurde. Danach soll die Materie kontinuierlich mit der zunehmenden Ausdehnung des Universums entstanden und immer wieder aus dem Vakuum kondensiert sein, um den hinzu gekommenen Raum mit konstanter Dichte aufzufüllen. Bei seinem Tod im Jahr 2001 dürfte Hoyle jedoch der letzte ernst zu nehmende Anhänger seiner eigenen Theorie gewesen sein. Kurioserweise prägte Hoyle als entschiedener Gegner des Urknall-Modells dessen populäre Bezeichnung "Big Bang".

Die kosmische Zeitskala

Der Urknall war ein sehr viel komplexeres Ereignis, als eine einfache Sprengstoff-Explosion. Das Thema könnte leicht mehrere Homepages füllen und wird hier deshalb nur in vereinfachter Form behandelt. Ich habe einige Details, wie Higgs-Feld, Supersymmetrie, Super-String-Theorie oder die Rolle der Neutrinos bewusst ausgelassen oder abgekürzt, da sie eine ausführliche Erklärung der jeweiligen physikalischen Grundlagen erfordern würden, aber für ein prinzipielles Verständnis nicht notwendig sind.
Innerhalb kürzester Zeit durchlief das gesamte Universum zahlreiche dramatische Veränderungen, in deren Verlauf die Grundkräfte der Natur ausgeprägt, die Strukturen im beobachtbaren Raum geformt und reine Energie in Materie umgewandelt wurde. Viele dieser grundlegenden Prozesse waren bereits in der ersten Sekunde nach dem Urknall abgeschlossen und erst mit zunehmender Ausdehnung und Abkühlung verlangsamte sich die rasante Entwicklung. Heute können wir in Form der kosmischen Hintergrundstrahlung nur noch ein schwaches Nachleuchten beobachten, aber der anfängliche Schwung lässt das gesamte Weltall und die in ihm enthaltenen Galaxien noch immer auseinander fliegen. Die folgende Tabelle listet die wichtigsten Ereignisse in der Entwicklung des Universums vom Urknall bis zur Gegenwart auf:

Zeitalter der Quantengravitation
t = 0 s    
Singularität
Zustand unendlich grosser Dichte in einem unendlich kleinen Volumen, auf den die heute bekannten physkalischen Gesetze nicht anwendbar sind.
bis t = 10^-43 s
T = 10^32 K    
Planck-Ära
Die eigentliche Geschichte des Universums beginnt nicht bei Null, sondern etwas später. Vor der Planck-Zeit war es so klein, dass eine Quantenunschärfe dominierte, die mit den heutigen Theorien nicht zu beschreiben ist. Virtuelle Teilchen entstanden spontan aus dem Vakuum und zerstrahlten wieder. Diese Vorgänge unterlagen keinen kausalen Zusammenhängen und waren daher unvorhersehbar. Die heute bekannten 4 Naturkräfte (Gravitation, elektromagnetische Kraft, starke und schwache Kernkraft) waren noch in einer einzigen, allumfassenden Kraft vereint. Die Planck-Ära endet mit einer ersten Aufspaltung dieser Kraft.
Zeitalter der Symmetrie-Brechungen
t = 10-43 s
T = 10^30 K
d = 10^35 m    
GUT-Ära
Die Gravitation wird zur eigenständigen Kraft und hinterlässt die vereinigten Kräfte der Grand Unified Theory (Elektronukleare Wechselwirkung). Die Ausbildung unterschiedlicher Naturkräfte, die in ihrer Wirkung und Charakteristik klar unterscheidbar sind, wird auch als Symmetrie-Brechung bezeichnet und ereignet sich noch zwei mal.
t = 10^-35 s bis t = 10^-32 s
T = 10^28  bis T = 10^23 K
d = 10^-30 m bis d = 0,1 m    

Inflation
Die Aufspaltung der GUT-Kraft in die elektroschwache Wechselwirkung und die starke Kernkraft liefert den Antrieb für ein plötzliches Aufblähen des Raums um mehrere Grössenordnungen (ca. 1050-faches Volumen). Da die elektroschwache Kraft nicht sofort weiter in ihre Teilkräfte zerfällt, unterkühlt das Universum und es entsteht eine negative Vakuumenergie mit einer negativen Gravitation. Dadurch expandiert der Weltraum kurzzeitig mit Überlichtgeschwindigkeit, was jedoch keinen Verstoss gegen die spezielle Relativitätstheorie darstellt, da sich der Raum als Ganzes ausdehnt. Mikroskopische Quanten-Fluktuationen werden zu makroskopischen Störungen aufgeblasen, die als Keimzellen für die grossräumigen Strukturen des Universums dienen und noch heute als geringe Abweichungen in der ansonsten gleichförmigen kosmischen Hintergrundstrahlung registriert werden können. Darüber hinaus löst die Inflation das Horizontproblem und sorgt für das einheitliche Erscheinungsbild des Weltalls.
t = 10^-11 s
T = 10^16 K    

Die elektroschwache Kraft spaltet sich in die elektromagnetische Kraft und die schwache Kernkraft auf. Damit liegen alle 4 bekannten Naturkräfte separat vor. Die Vakuumenergie verwandelt sich in elektromagnetische Strahlung, die sich wiederum teilweise in Elementarteilchen umwandelt und damit Materie entstehen lässt. Die Vakuumenergie beträgt heute Null.
Zeitalter der Quarks
t = 10^-10 s
T = 10^15 K    

Quark-Suppe
Quarks, Antiquarks und Gluonen (die Überträgerteilchen der starken Kernkraft) liegen ungebunden nebeneinander vor und der grösste Teil der gerade entstandenen Materie vernichtet sich selbst. Die vorher aus Strahlungsenergie in fast gleicher Anzahl entstandenen Quarks und Antiquarks treffen aufeinander und zerstrahlen wieder. Durch eine leichte Asymmetrie sind jedoch mehr Quarks als Antiquarks vorhanden, so dass etwa ein Milliardstel der ursprünglichen Materie übrig bleibt. Dieser winzige Bruchteil bildet bis heute die gesamte materielle Welt.
    t = 10^-5 s
T = 2 x 10^12 K    

Die starke Kernkraft sorgt dafür, dass sich die Quarks  zu Protonen und Neutronen, den Bestandteilen der Atomkerne, vereinigen. Dabei entstehen Protonen und Neutronen in einem Verhältnis von etwa 5:1.
t = 1s
T = 10^10 K    

Die Energie der Strahlung reicht nicht mehr aus, um Elektronen und Positronen (Antiteilchen des Elektrons mit Ladung +1) zu bilden. Wie vorher Quarks und Antiquarks zerstrahlen auch die meisten Elektron-Positron-Paare wieder. Nur ein Bruchteil der Elektronen bleibt übrig, der jedoch genau die Ladung der Protonen ausgleicht, so dass das Universum elektrisch neutral bleibt.
t = 1 min bis t = 3 min
T = 10^9 K bis T = 10^8 K    

Nukleosynthese
Die aus freien Quarks entstandenen Protonen (Wasserstoffkerne) und Neutronen verschmelzen durch Kernfusion teilweise zu Deuterium (Wasserstoff-Isotop), Helium sowie Spuren von Lithium und Beryllium. Schwerere Elemente werden nicht gebildet, da sich das Universum zu rasch abkühlt. Drei Viertel der im Weltall enthaltenen Materie bestehen bis heute aus dem einfachsten Element Wasserstoff und seinen Isotopen. Das restliche Viertel besteht überwiegend aus Helium.
Zeitalter der Strahlung
t = 1J
T = 10^7 K    

Strahlungs-Zeitalter
Das Universum wird nach wie vor von den in milliardenfacher Überzahl vorhandenen Photonen der elektromagnetischen Strahlung beherrscht, die jedoch ständig an Elektronen gestreut werden und keine langen Wege zurücklegen können. Etwa einen Monat nach dem Urknall bildet sich das charakteristische Schwarzkörper-Spektrum der kosmischen Hintergrundstrahlung aus (spektrale Entkopplung), aber noch ist das Weltall undurchsichtig. Die Wellenlänge der Strahlung nimmt mit der fortschreitenden Ausdehnung zu und verschiebt sich vom Röntgenbereich ins sichtbare Licht.
t = 10^4 J
T = 25000 K
t = 10^5 J
T = 6000 K
t = 3,8 x 10^5 J
T = 3000 K    

Entkopplung von Strahlung und Materie
Nach 379.000 Jahren ist die Temperatur so weit gesunken, dass die freien Elektronen von den Atomkernen eingefangen werden können und das Plasma zu neutralen Atomen kondensiert. Das Weltall wird durchsichtig und die kosmische Hintergrundstrahlung kann sich ungehindert ausbreiten. Damit beginnt das bis heute andauernde Zeitalter der Materie.
Zeitalter der Materie
bis t = 10^8 J    

Dunkles Zeitalter
Das Weltall ist jetzt zwar durchsichtig, aber noch dunkel, denn es fehlen die Lichtquellen in Form von Sternen. Die entstandene Materie kühlt langsam ab und treibt als unbeleuchtete Gaswolken durch den ansonsten leeren Raum.
t = 2 x 10^8 J    

Erste Sterne
Die während der Inflationsphase vergrösserten und eingefrorenen Quanten-Fluktuationen stören die gleichmäßige Verteilung der Materie. Es bilden sich dichtere Zonen aus, die durch ihre verstärkte Schwerkraft noch mehr Gas anziehen. In riesigen, rotierenden Gasscheiben (Protogalaxien) entstehen durch weitere Verdichtung die ersten Sterne. Dabei handelt es sich grösstenteils um kurzlebige Blaue Riesensterne, die bereits nach wenigen Millionen Jahren wieder als Supernova explodieren (siehe auch: Sternentwicklung). Vor ihrem spektakulären Untergang erbrüten diese Sterne jedoch die ersten schweren Elemente, ohne die die spätere Entstehung von Leben nicht denkbar wäre. Das bisher überwiegend aus Wasserstoff und Helium bestehende Gas wird auf diese Weise mit schwereren Elementen angereichert und dient wieder als Baustoff für neue Sterngenerationen.
t = 10^9 J
T = 20 K    

Bildung von Galaxien
Die Supernova-Explosionen der ersten Sterne senden Schockwellen durch die Gaswolken und lassen schnell noch mehr Dichteunterschiede entstehen, die die Bildung weiterer Sterne begünstigen (Starburst). In den Zentren der sich formenden Galaxien stürzt all jene Materie zusammen, die sich auf instabilen Umlaufbahnen befindet. Dort bilden sich gewaltige Schwarze Löcher mit mehreren Millionen Sonnenmassen, die alles in ihrer Umgebung aufsaugen und dabei intensive Röntgenstrahlung abgeben. Die jungen Galaxien können heute als Quasare beobachtet werden.
t = 10 x 10^9 J    

Entstehung des Sonnensystems
Die turbulenten Prozesse aus der Entstehungszeit der Milchstrasse sind mittlerweile abgeschlossen und die früheren Sterngenerationen haben genug schwere Elemente in das interstellare Gas entlassen, um massive Himmelskörper formen zu können. So entsteht vor etwa 5 Milliarden Jahren in einem Ausläufer der Milchstrasse aus einer sich verdichtenden Wolke von Gas und Staub unsere Sonne mit ihren Planeten.
t = 15 x 10^9 J
T = 2,726 K    

Heute
Das Leben auf der Erde ist bereits über 4 Milliarden Jahre alt, aber die paar Jahrtausende der menschlichen Geschichte machen im kosmischen Maßstab nur einen Augenblick aus. Aus neusten Messungen der  kosmischen Hintergrundstrahlung durch den Wilkinson Mikrowellen Anisotropie Satelliten (WMAP) wurde ein aktuelles Alter des Universums von 13,7 Milliarden Jahren abgeleitet.
Legende:
t = Zeit in Sekunden (s), Minuten (min) oder Jahren (J)
T = Temperatur in Kelvin (K)
d = Durchmesser in Meter (m
Der aufmerksame Leser wird sich jetzt vielleicht fragen: "Warum fehlen zu den meisten Epochen die Grössenangaben?". Weil das beobachtbare Universum genauso gross ist, wie es alt ist. Der Horizont, dem die kosmische Hintergrundstrahlung entstammt, entfernt sich von uns fast mit Lichtgeschwindigkeit, so dass die Ausdehnung des Weltalls der Strecke entspricht, die ein Lichtstrahl seit seiner Entstehung hätte zurücklegen können*. Daher ist jede Zeitangabe in Jahren auch eine Grössenangabe in Lichtjahren. Gleichzeitig blicken wir immer weiter in die Vergangenheit, je weiter ein kosmisches Objekt entfernt ist, weil uns sein vor langer Zeit ausgestrahltes Licht erst jetzt erreicht. Das beantwortet auch die Frage, woher das Wissen über die frühen Phasen des Universums stammt. Man kann die Vorgänge noch heute direkt beobachten, wenn man nur weit genug hinaus schaut. Alle Ereignisse vor dem Zeitalter der Materie, als das Weltall noch undurchsichtig war, mussten jedoch aus den Eigenschaften der Hintergrundstrahlung rekonstruiert oder aus physikalischen Theorien abgeleitet werden.

* Streng genommen ist die Sache doch etwas komplizierter:
Da sich der Raum insgesamt kontinuierlich ausdehnt, wächst nachträglich auch die Strecke, die Lichtstrahlen bereits zurückgelegt haben. So ist es möglich, dass uns Licht aus Raumregionen erreicht, die heute ca. 3 mal so weit entfernt sind, als es ohne Ausdehnung nur mit der Lichtgeschwindigkeit zulässig wäre. Die Expansion sorgt ausserdem für den äusserst seltsamen Effekt, dass sich Galaxien sogar mit Über-Lichtgeschwindigkeit von uns entfernen können, ohne dass die Relativitäts-Theorie verletzt wird.

Spekulationen

Der letzte Absatz hat möglicherweise den Eindruck erweckt, alles über den Ursprung und die Natur des Universums sei bekannt oder stehe zumindest kurz vor der Aufklärung. Das ist jedoch absolut nicht der Fall! Vielmehr befindet sich die Kosmologie zur Zeit in einer ernsthaften Krise. Es geht dabei zwar nur um die ersten Sekunden-Bruchteile vor der Planck-Zeit, aber genau dort kollidieren zwei zentrale physikalische Theorien und scheinen sich gegenseitig auszuschliessen. Da ist zum Einen die allgemeine Relativitätstheorie, die die Auswirkungen extrem starker Gravitationsfelder auf Raum und Zeit beschreibt. Zum Anderen muss jedoch die Quantentheorie berücksichtigt werden, die statistische Aussagen über die Vorgänge innerhalb mikroskopischer Dimensionen macht. Die bisherigen Versuche, diese beiden Theorien mit Hilfe einer neuen "Theorie von allem" in Einklang zu bringen, sind recht unbefriedigend. Meist handelt es sich um abstrakte mathematische Abhandlungen, die entweder mehrere zusätzliche Dimensionen vorraussetzen, oder eine Unzahl von bisher unentdeckten, exotischen Elementarteilchen postulieren. Auch eine Vereinheitlichung der Gravitation mit den anderen Naturkräften ist noch nicht in Sicht.





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