Auf der Oberfläche des Titan gibt es Wasser, allerdings nur in Form von Eis, auf dem sich aus der Atmosphäre immer wieder Methan und die Bestandteile des atmosphärischen Smogs als dunkler Niederschlag absetzen.
Man kann vorerst nur spekulieren, welche weiteren Reaktionen sich in dieser hochkomplizierten chemisch-biochemischen Hexenküche im Zusammenspiel von Atmosphäre und Oberfläche abspielen und welche Verbindungen daraus entstehen könnten. Theoretisch sind wenigstens chemisch alle Voraussetzungen für die Entstehung von Leben in einer Ursuppe gegeben.
Ein physikalischer Parameter allerdings verhindert, dass jemals erdenähnliches Leben auf dem Titan entstehen könnte und zwar die Temperatur. Auf dem Titan ist es bis minus 180 Grad Celsius kalt! Flüssiges Wasser kommt, wenigstens auf der Oberfläche also mit Sicherheit nicht vor, vielmehr besitzt das Eis bei diesen Temperaturen die Härte und Zähigkeit von Stahl.
Wasser steht an der Oberfläche jedenfalls als Lösungs- und Transportmittel für biochemische Vorgänge nicht in der uns bekannten Form zur Verfügung. Verschiedene neue Untersuchungen weisen aber immerhin darauf hin, dass Kriechvorgänge im Kristallgitter von Eis und lokale Mobilisierung durch Beimengungen, wie Ammoniak und Salze sowie Strahlungen und UV-Licht, einen Ersatz für das freie Fließen von Wasser im Zusammenspiel mit biochemischen Verbindungen darstellen könnten. Entfernt kann auch in Betracht gezogen werde, dass sich auch Ammoniak als Lösungsmittel für biochemische Moleküle eignen könnte oder sich vielleicht sogar flüssige Kohlenwasserstoffe dafür eignen, auch wenn das bisher von der Erde her nicht bekannt ist.
Noch wichtiger als das fehlende freie Wasser als Hindernis für den Aufbau hochmolekularer biochemischer Verbindungen oder gar für den Kreislauf von hypothetischen Stoffwechselvorgängen ist die Tatsache, dass chemische Reaktionen bei sinkender Temperatur immer langsamer ablaufen. Wenn es also eine wie auch immer geartete biologische Aktivität auf dem Titan geben sollte, so muss diese unendlich viel langsamer vor sich gehen, als von der Erde her bekannt. Vielleicht aber haben 4.5 Milliarden Jahre ausgereicht, um selbst bei diesen extrem tiefen Temperaturen auf Titan biologische Strukturen entstehen zu lassen.
Als Energielieferanten für biochemische Prozesse kommen das UV-Licht der Sonne, die Weltraumstrahlung oder auch Partikelstrahlungen aus dem Magnetfeld des Saturn in Frage.
Der Methankreislauf
Bedenkenswert ist die Tatsache, dass Titans Atmosphäre 6% Methan enthält. Ein Teil des Methans regnet von Zeit zu Zeit ab, verdampft und steigt auf um Wolken zu bilden. Ein Teil des Methans allerdings zerfällt in der oberen Atmosphäre. Ein weiterer Teil des Methans wird in energiereiche Azetylenmoleküle umgewandelt. Eigentlich dürfte die Atmosphäre nach kurzer Zeit, vielleicht einigen hundert oder einigen tausend Jahren, kein Methan mehr enthalten. Es stellt sich also die Frage, woher es immer wieder aufgefüllt wird. Gibt es kryovulkanische Methanquellen? Oder finden Prozesse statt, die den organischen Niederschlag am oder im Boden wieder in Methan aufspalten und von welcher Energiequelle könnten diese gespeist sein? Auf der Erde ist Methan ein Abfall- oder Endprodukt biologischer Prozesse. Es liegt ein gewisser Reiz darin, für Titan einen ähnlichen Vorgang zu postulieren. Der Boden wäre demnach mit super-exotischen vielleicht mikrobenähnlichen Lebewesen bevölkert, die sich in einer Suppe aus Wasser und Ammoniak von dem herabregnenden Azetylen oder anderen Organika ernähren und massenweise Methan wieder freisetzen.
Das Tholin-Experiment
Seit den achziger Jahren des 20. Jahrhunderts werden immer wieder Experimente in künstlich simulierten Titan-Atmosphären durchgeführt, das erste von Carl Sagan. Sagan bestrahlte ein Gasgemisch ähnlich der Atmosphäre des Titan (Methan, Ethan und Ammoniak) mit Partikelstrahlung und erhielt einen teerartigen Niederschlag, den er "Tholin" nannte (nach griech. "tholin" für Schlamm). Tholin ist eine Mischung verschiedener organischer Substanzen, unter anderem auch Benzol (engl. benzene). Je nach Ausgangssituation und Art der Energiezufuhr bilden sich verschiedene Tholin-Mischungen. Tholine bilden zusammen mit Wasser bereits Aminosäuren, also einen Grundbaustein des Lebens. Schon Sagan vermutete, dass auf dem Titan womöglich bis zu mehrere tausend Meter mächtige Tholin-Ablagerungen existieren müssten, die sich in Jahrmilliarden niedergeschlagen haben. In der Tat sehen wir auf den neuesten Luftbildern der ESA-Sonde Huygens aus dem Januar 2005 allerorten dunkle Bereiche, die wahrscheinlich genau solche atmosphärischen Sedimente darstellen (siehe hierzu auch das Bild unten).
Ausblick
Die größte Chance, Lebensformen auf Titan zu finden, bestünde sicherlich in der Tiefe, dort wo die Temperaturen so hoch sind, dass Wasser oder wasserhaltige Stoffmischungen auftauen und wo eventuell eingetragene biochemische Verbindungen der Atmoshäre und der Oberfläche schneller miteinander reagieren können. Schon jetzt ist klar, dass es unter der Titanoberfläche in der Tiefe solche wärmeren Zonen geben muss, denn es sind viele Anzeichen für Kryovulkanismus vorhanden. Woher die Wärme kommt, ist unbekannt. Entweder gibt es im schwereren, vermutlich silikatischen Kern des Mondes genügend radioaktive Elemente, die ihn aufheizen oder es sind Gezeitenkräfte des Saturn für die notwendige Erwärmung verantwortlich.