Gefühle und Gedanken - wie sie zusammenhängen
und wie Gedanken unsere Gefühle beeinflussen
Die meisten Menschen sind nämlich der Ansicht, dass ihre Gefühle durch andere Menschen oder Umstände verursacht werden. Aussprüche wie: "Das macht mich ganz fertig!", "Der bringt mich auf die Palme", "Das macht mir Angst", haben Sie sicher schon oft gehört oder selbst benutzt.
Glücklicherweise haben diese Menschen jedoch nicht Recht, wenn sie andere oder ihre Lage dafür verantwortlich machen, wie sie sich fühlen. Es ist deshalb von Glück, da wir, hätten sie tatsächlich Recht, anderen oder den Umständen ausgeliefert wären. Wir hätten dann keine Chance, uns je gut zu fühlen, wenn die anderen oder die Lage es nicht zulassen würden.
In Wirklichkeit ist es aber so, dass jeder Mensch seine Gefühle selbst hervorruft.
Während alle Menschen, wenn sie einen spitzen Stein im Schuh haben, körperliche Schmerzen verspüren, ärgern sich z.B. nicht alle darüber, wenn jemand "blöder Hund" zu ihnen sagt. Dies ist aber nur möglich, wenn jeder Einzelne bestimmt, wie er sich fühlt.
Damit Sie verstehen können, wie Sie Ihre Gefühle hervorrufen, müssen Sie Ihr "ABC DER GEFÜHLE" kennen.
Jedes Mal, wenn Sie traurig, verärgert, froh, ängstlich oder angespannt sind,
A haben Sie zuerst etwas wahrgenommen. Sie haben etwas gesehen, gehört oder haben sich an vergangene Ereignisse erinnert.
B Dann haben Sie Ihre Wahrnehmung mehr oder weniger bewusst als relativ positiv, relativ neutral oder relativ negativ bewertet und sind als Folge davon
C traurig, verärgert, ängstlich, ruhig, froh usw. und handeln dementsprechend.
Ein Gefühl besteht also in Wirklichkeit aus drei Teilen:
A aus der Situation
B Ihren bewertenden Gedanken über die Situation und
C Ihrem Gefühl und Handeln
Wie Sie sich fühlen, hängt also nicht von der Situation oder Ihren Mitmenschen ab, sondern davon, was Sie über die Situation oder Ihre Mitmenschen denken.
Schon vor etwa 2000 Jahren lehrte Epiktet, ein Stoiker:
NICHT DIE DINGE MACHEN UNS ZU SCHAFFEN, SONDERN DIE ART UND WEISE, WIE WIR DIESE WAHRNEHMEN.
In der Sprache des ABC´s der Gefühle heißt das: Nicht A (das Ereignis) ist die Ursache von C (unserem Fühlen und Handeln), sondern B (unsere bewertenden Gedanken und Einstellungen).
Diese Tatsache erklärt auch, warum Menschen auf ein und dasselbe Ereignis verschieden reagieren können. Sie kennen vielleicht Menschen, die einen kleinen Unfall mit ihrem Auto haben, unversehrt aussteigen und so wütend auf sich und den anderen sind, dass sie in ihrer Wut fast noch Schlimmeres anrichten. Ihr ABC der Gefühle könnte so aussehen:
A Ereignis - Unfall mit dem Auto, das Blech ist verbeult
B Gedanken - "So ein blöder Hund. Dem sollte man den Führerschein abnehmen."
C Gefühl und Handlung - Wut, sie beschimpfen den anderen
Dann kennen Sie auch Menschen, die unversehrt aussteigen und sich freuen, dass sie noch leben. Ihr ABC der Gefühle könnte so aussehen:
A Ereignis - Unfall mit dem Auto, das Blech ist verbeult
B Gedanken - "Bin ich doch ein Glückspilz, dass mir nichts passiert ist."
C Gefühl und Handlung - Freude, sie unterhalten sich mit dem anderen
Das auslösenden Ereignis ist für unsere beiden Autofahrer dasselbe, ein Unfall. Worin sie sich jedoch unterscheiden, ist die Art und Weise, wie sie darüber denken, und wie sie sich als Folge davon fühlen.
Sie werden nun vielleicht einwenden, dass die beiden Autofahrer eine unterschiedliche Veranlagung haben, dass der eine eben leichter an die Decke geht als der andere. Nun, dann schauen Sie einmal bei sich selbst nach. Gibt es bei ihnen nicht auch Tage, an denen Sie in der gleichen Situation ruhiger und ausgeglichener sind als an anderen? Gibt es bei Ihnen nicht auch Erlebnisse, die Sie nach einer bestimmten Zeit verkraftet haben und mit anderen Augen sehen’? Reagieren Sie nicht auch auf bestimmte Menschen wütend, währen Sie auf andere, obwohl diese sich Ihnen gegenüber in der gleichen Art und Weise verhalten, ruhig reagieren?
Wäre es Veranlagung oder angeboren, wie man gefühlsmäßig reagiert, dann müssten Sie in gleichen Situationen immer mit den gleichen Gefühle reagieren, und Sie könnten Ihre Sichtweise der Dinge nicht ändern.
Schicksalsschläge und ungünstige Lebensumstände werden durch tragische Gedanken verstärkt.
Ein Verlust ist schmerzlich. Wir fügen uns jedoch weiteren Schmerz zu durch unsere negative Meinung über den Verlust und unsere Meinung bzgl. seiner Bedeutung für uns und unser Leben. Es ist unser Denken, über das, was passiert, was uns seelische Schmerzen bereitet.
Wie wir denken, fühlen und handeln werden, wurde uns nicht in die Wiege gelegt. Das haben wir gelernt, auch wenn es uns heute nicht mehr bewusst ist, und wir können es auch wieder verlernen.
Das ABC der Gefühle ist für alle Gefühle und Menschen gültig. Es liegt an uns bzw. an dem, was wir denken, wie wir uns fühlen. Wir müssen nicht unglücklich sein, sondern haben in jeder Situation drei Möglichkeiten, wie wir uns fühlen können: relativ positiv, relativ neutral und relativ negativ. Wir kontrollieren immer unsere Gefühle, außer wenn unsere Hirntätigkeit durch Drogen oder eine Verletzung beeinträchtigt ist. Die Art unserer Gedanken bestimmt auch, wie wir handeln. Wir können negative Gefühle dadurch ändern, dass wir lernen, anders zu denken.
Nun mögen Sie einwenden, dass es eine Reihe von Situationen gibt, in denen der Anblick oder die Worte eines anderen schon ausreichen, damit Sie sofort außer sich geraten oder sich einfach schlecht fühlen. Es scheint so, als ob Sie sich in diesen Situationen gar nichts denken und es der andere bzw. dessen Worte sind, die Sie ärgerlich machen.
Tatsache jedoch ist, dass Sie auch in diesen Situationen Gedanken haben, die dafür verantwortlich sind, dass Sie aus der Fassung geraten. Nur laufen diese Gedanken so blitzschnell und automatisch ab, dass sie ihnen nicht bewusst sind. Im Rahmen der Kognitiven Verhaltenstherapie spricht man von gedanklichen Verzerrungen oder auch automatischen Gedanken.
Quelle:Dr. Doris Wolf & Dr. Rolf Merkle - Gefühle und Gedanken
(leichte Abänderungen)